Vergeudest Du eine Menge Zeit, weil andere Menschen einfach nicht verstehen, was Du willst?

Bittest Du immer und immer wieder um Unterstützung – und der andere tut es dennoch nicht?

Vielleicht liegt es daran, dass Du und Deine Mitmenschen einfach nicht „die gleiche Sprache sprechen“! Und ich meine jetzt nicht „deutsch“, „englisch“ oder „bayerisch“. Nein, ich rede von der 4-Ohren-Sprache!

Das 4-Ohren-Modell – Hallo, welche Sprache sprichst Du?

Kennst Du folgende Situationen?

Du sagt zu Deinem Schatz „Der Mülleimer ist ja schon wieder voll!“. Und Du bekommst ein „Ja“ als Antwort. Jetzt wartest Du innerlich…und wartest……und wartest……bis Dein Schatz endlich  den Müll rausträgt.

Tut er/sie aber nicht!

Und Du ärgerst Dich vielleicht über Deinen Schatz, warum er/sie Deiner doch ganz glasklaren Aufforderung zum Müll-Raustragen nicht nachgekommen ist. Wenn es ganz blöd läuft wirst Du dann so richtig grantig – und ein Streit oder zumindest dicke Luft ist vorprogrammiert.

Oder Du sagst den Mülleimer-Satz völlig neutral…und Dein Schatz geht an die Decke. Hähhhhh? Eigentlich hast Du ja nur so vor Dich hingeredet – aber Dein Schatz kriegt‘s natürlich gleich in den falschen Hals und geht in die Luft. Gut Stimmung? Tschüss!

Warum nur ist Miteinanderreden sooooo kompliziert? Der langjährige, mittlerweile pensionierte Psychologie-Professor Friedemann Schulz von Thun hat dazu eine gute und plausible Erklärung entwickelt – das „4-Ohren-Modell“.

Demnach besteht eine Nachricht grundsätzlich aus vier Botschaften und vier Ebenen. Entscheidend ob wir uns wirklich verstehen ist dabei, auf welcher Ebene unsere Botschaft vom Gegenüber verstanden und interpretiert wird.

Das 4-Ohren-Modell – Besser sprechen mit 4 „Schnäbeln“ und besser hören mit 4 „Ohren“

4-Ohren-Modell

Laut dem 4-Ohren-Modell verstehen wir uns häufig einfach nicht, weil wir uns auf verschiedenen Kommunikations-Ebenen bewegen. Das kommt einer anderen Sprache manchmal schon sehr nahe :-).

Ein Sprecher kann mit vier verschiedenen „Schnäbeln“ reden, der Zuhörer hört mit einem von vier Ohren zu – daher der Name „4-Ohren-Modell“. Passen „Schnabel“ und „Ohr“ zusammen – dann verstehen wir uns perfekt. Schnabelt der eine aber mit dem einen Schnabel, und der andere hört mit dem „falschen“ Ohr zu, dann sind Mißverständisse und Konflikte vorprogrammiert.

Um erfolgreich und effizient miteinander zu kommunizieren, ist es hilfreich, das „4-Ohren-Modell“ zu verinnerlichen.

Das 4-Ohren-Modell – Die 4 Ebenen einer Nachricht

  • Sachohr – Was ist das Thema, die Sache, die Information?

    Auf der ersten, rein sachlichen Ebene hören wir mit dem Sach-Ohr die Aussage des Satzes. Dies ist die neutrale Botschaft, wenn man den Satz wortwörtlich nimmt. („Die Spülmaschine ist fertig.“) Und viele Menschen reagieren auch nur auf diese Aussage („Ja, stimmt.“) Das heißt, sie verstehen die möglicherweise hinter der Aussage versteckte Bitte nicht. Oder wollen sie nicht verstehen – weil das ihre Form des Nein-Sagens ist.

4-Ohren-Modell_neu

In der Regel hören die meisten Menschen jedoch tatsächlich mehr als nur diese sachliche Information. Entweder weil sie schon wissen, dass der Sprecher immer zwischen den Zeilen redet. Oder weil sie glauben, die eigentliche Botschaft liege hinter den Worten. Oftmals interpretiert der Zuhörer damit jedoch zu Unrecht etwas in das Gesagte hinein – seine bisherigen Erfahrungen mit ähnlichen Personen oder Situationen und seine momentane Stimmung beeinflussen, welcher Inhalt bei ihm ankommt. Folgende drei Ebenen geben einer Botschaft häufig eine völlig neue Bedeutung:

  • SelbstoffenbarungsohrWas denkt der Sprechende, was gibt er von sich zu erkennen?

    Mit dem Selbstoffenbarungs-Ohr versucht der Hörer zu interpretieren, ob der Sprecher gute oder schlechte Laune hat, ob der Gesprächspartner offen oder eher verschlossen ist. Ob er eine Aufgabe gerne oder widerwillig übernimmt.
    Dies geschieht durch Interpretation der Wortwahl, der Tonlage, aber auch Gestik und Mimik spielen eine Rolle, was beim Hörer ankommt.

  • Beziehungsohr – Wie spricht mein Gesprächspartner mit mir und was denkt er möglicherweise von mir?

    Mit dem Beziehungs-Ohr hören wir heraus, ob der Sprecher uns mag,  ob wir ihn gestört haben oder ob er sich z.B. über unseren Anruf freut – auch wenn er von etwas ganz anderem spricht. Natürlich beeinflusst uns auch hier die Stimmlage, Mimik und Gestik: Das Beziehungs-Ohr hört, ob wir uns wertgeschätzt oder angegriffen fühlen.

  • Appellohr – Was will, wünscht, fordert mein Gegenüber?

    Auf dieser Ebene drückt Dein Gegenüber aus, was er von Dir will. Das kann ein Wunsch sein, eine Bitte oder ein Befehl, was manchmal aber nicht explizit formuliert ist, sondern zwischen den Zeilen versteckt ist. Manchmal hören wir mit dem Appell-Ohr aber auch zu Unrecht, Aufforderungen, die der Sprecher an uns richtet. (z.B. „oh ist mir heiß“ -> wir springen und machen das Fenster auf)

Das Vier-Ohren-Modell – Schluss mit Missverständnissen

  • Beherzige das 4-Ohren-Modell künftig, wenn Du um etwas bittest.

  • Formuliere Deine Aufforderungen und Deine Erwartungshaltung so klar wie möglich und so, dass das richtige Ohr angesprochen wird.

  • Wenn Dein Partner gerade auf das Sach-Ohr eingestellt ist, wird er den Appell in Deiner Aussage „Der Mülleimer ist ja schon wieder voll.“ nicht hören. Sage besser: „Leerst Du bitte den Mülleimer aus?“

  • Besonders beim Delegieren gilt: je präziser Du Deinen Wunsch formulierst, desto zufriedener wirst Du am Ende sein. „Ich brauche das Schreiben heute um 15 Uhr.“ ist immer besser als „Das müsste noch erledigt werden.“

Wer sich diese Ebenen im 4-Ohren-Modell bewusst macht, kann zukünftig besser kommunizieren und Missverständnisse oder ein Aneinander-Vorbei-Reden vermeiden und somit wertvolle Zeit sparen. Deshalb liebe ich es auch, das 4-Ohren-Modell  in meinen Coachings oder besonders in meinen Führungskräfte- und Team-Trainings zu integrieren.

Das 4-Ohren-Modell – Eine Alltagssituation

Du möchtest gerne noch ein Beispiel? Dieses hier ist der Klassiker – der gleich auch noch das klassischen Mann-Frau Klischee bedient. Funktioniert aber auch mit Rollentausch 😊 Jedenfalls zeigt es sehr gut, wie das 4-Ohren-Modell in unserem Leben eine bedeutende Rolle spielt und warum ein Streit quasi vorprogrammiert sein kann.

Stelle Dir folgende Situation vor:

Ein Mann und eine Frau sind mit dem Auto unterwegs. Die Frau sitzt am Steuer. Die Ampel schaltet auf rot. Die Frau bremst und hält an. Als die Ampel wieder umschaltet auf grün, gibt die Frau nicht sofort Gas und fährt nicht sofort los, woraufhin der Mann zu ihr prompt sagt: „Es ist grün.“ Der Satz des Mannes, ist eine sachlich völlig richtige Information. Aber……

4 Möglichkeiten – was könnte der Sender meinen?

  • Sachebene: „Die Ampel ist grün.“

  • Selbstoffenbarungsebene: „Ich bin in Eile und möchte losfahren.“

  • Beziehungsebene: „Ich kann besser Autofahren.“

  • Appellebene: „Fahr zu, gib Gas!“

4 Möglichkeiten – was könnte der Empfänger verstehen?

  • Sachebene: „Die Ampel steht auf Grün.“

  • Selbstoffenbarungsebene: „Du bist zu langsam.“

  • Beziehungsebene: „Du kannst nicht Auto fahren.“

  • Appellebene: „Das nächste Mal fahre lieber ich.“

6 Tipps das 4-Ohren-Modell im Beruf richtig einzusetzen

Da wir im Berufsleben weniger emotionale Bindungen haben und uns nicht wirklich gut kennen, ist es besonders wichtig, uns präzise auszudrücken. Damit vermeiden wir negative Folgen und Konflikte. Beachte am besten in Hinblick auf das 4-Ohren-Modell besonders die folgenden Punkte:

  • Wähle Deinen „Schnabel“ bewusst aus.

  • Formuliere Deine Bitte oder Deinen Wunsch eindeutig und klar.

  • Formuliere Deine Nachricht frei von Ironie oder Sarkasmus. 😊

  • Gebe bitte keine versteckten Hinweise oder unterschwelligen Vorwürfe in Deine Botschaften. Das könnte von Deinem Gegenüber schnell als aggressiv verstanden werden.

  • Wenn Du Dir unsicher bist, ob Deine Nachricht richtig verstanden wurde, frage nach!

  • Höre aktiv zu, wenn Dein Gegenüber spricht!
    Die positive Wirkung des aktiven Zuhörens wirkt sich in besseren Verhandlungsergebnissen aus. Wer aktiv zu hört, gibt seinem Gegenüber das Gefühl respektiert und wertgeschätzt zu sein.

Das 4-Ohren-Modell – Warum hören wir, was wir hören wollen?

Nun da Du ab sofort Deine eigenen Aussagen und die Botschaften anderer Menschen bewusst auf die vier Ebenen des 4-Ohren-Modells überprüfen kannst, wirst Du Deine Kommunikation und damit Deine Wirkung erheblich verbessern können.

Aber was machst Du, wenn Du immer wieder in Deine alten Muster zurück fällst? Und beispielsweise partout nicht damit aufhören kannst „durch die Blume zu sprechen“, anstatt Klartext? Wenn Du Dich schlecht dabei fühlst, andere Menschen konkret um eine Unterstützung zu bitten? In diesem Fall kann es hilfreich sein, Deine Muster näher unter die Lupe zu nehmen. Und zu entdecken, welche kleinen Saboteure Dich immer wieder in ein Verhalten (oder eben eine Sprache) reintreiben, die du so nicht mehr willst.

4-Ohren-Modell-Saboteure